Gibt es bei der Globalisierung eine Trendwende?
Nach bitteren Erfahrungen verlegen manche deutsche Hersteller ihre Produktion wieder zurück nach Deutschland.
Ist wieder alles im grünen Bereich, kann Deutschland verlorenes Terrain zurückerobern?
Wenn man schönfärberischen Erfolgsgeschichten und den Rechtfertigungen vieler Politiker glauben schenken darf, hat Deutschland in Sachen Globalisierung das Schlimmste überstanden. Denn manche deutsche Hersteller haben erkannt, dass ihr Ausflug nach Osteuropa oder ins ferne Asien ein Fehler war. Jetzt wissen sie: Eine Produktion nahe der Firmenzentrale und in Kundennähe bringt auch Vorteile. Diese späte Einsicht ist sicherlich begrüßenswert. Aber darf man aus diesen Sonderfällen gleich einen Trend ablesen? Entscheidendes Barometer für den Zustand unserer Wirtschaft sind immer noch die ehrlichen Arbeitslosenzahlen und die Entwicklung der Reallöhne, Renten und Staatsschulden. Und diese Gesamtsicht fällt immer noch eindeutig negativ aus.
Deutschland - das Land der Innovationen und Genies?
Begleitet wird die wohlgefällige Beruhigungskampagne mit dem Verweis auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Mit konkreten Beispielen wird eindrucksvoll vor Augen geführt, wie genial "unsere" Mittelständler Nischen besetzen und mit unerreichter Qualität und Erfindergeist der globalen Konkurrenz trotzen. Auch diese Beispiele sind durchaus wahr und erfreulich - aber sie verklären leider den Blick für die Gesamtsituation.
Steigende Löhne in den Schwellenländern und wachsende Transportkosten
Schließlich wird die zunehmende Aversion der Bevölkerung gegen die unnötige (allein dem Zollverzicht geschuldete) Globalisierung auch mit dem Hinweis auf steigende Löhne in den Schwellenländern und wachsenden Transportkosten besänftigt. Auch dieser Trend lässt sich belegen. Aber wahr ist leider auch, dass immer neue Billiglohnländer entstehen und der Annäherungsprozess an das westliche Lohn-, Steuer- und Sozialniveau noch Jahrhunderte dauern dürfte, sollte die westliche Welt tatsächlich so lange durchhalten.
Es geht nicht nur um Deutschland!
Obszön bei dieser ganzen Besänftigungsdebatte scheint mir auch die Fokussierung auf Deutschland. Unser Land (und einige andere Staaten auch) hat sich tatsächlich beim globalen Dumpingwettbewerb wacker geschlagen (wenn auch auf Kosten der Lohn- und Rentenentwicklung, der Staatsschulden und der schleichenden Enteignung der Besitzenden durch neu generiertes Billigzinsgeld der EZB). Aber Deutschland ist nicht der Normalfall. Es gibt auch Länder wie Griechenland, Spanien, Portugal, die USA usw. Der Abstiegskampf erfasst inzwischen selbst Länder wie Italien, Frankreich und Japan und es wäre höchst unwahrscheinlich, dass der bittere Kelch der Wahrheit an uns, an Österreich, den Niederlanden und Skandinavien vorübergehen sollte.
Lassen wir uns nicht beirren - die Globalisierung ist und bleibt eine Sackgasse!
Auch die schönsten Erfolgsgeschichten und einige positive Trends sollten unsere verantwortlichen Politiker nicht zu dem Trugschluss verleiten, Deutschland oder Europa könnten von der Globalisierung, der EU oder dem Euro profitieren. Der Niedergang wird weiter anhalten, die Gesetze der Logik lassen sich nicht überlisten. Die "internationale Arbeitsteilung" ist ein Flop, sie ist in höchstem Masse asozial und inhuman und vollkommen unrentabel. Gewinner der Globalisierung (und auch der EU) sind nur wenige Auserwählte (zum Beispiel manche Global Player, deren Mitarbeiter und Aktionäre, außerdem Spekulanten, Hedgefonds-Manager, sehr viele Politiker (allein die EU-Verwaltung bietet über 50.000 hochdotierte Posten) und natürlich unzählige Lobbyisten und Leute, die sich kaufen lassen.
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© Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung
November 2012
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