Muss Lobbyismus wirklich sein?

Lobbyismus - notwendige Information oder kriminelle Korruption?

Allein in Brüssel, der Schaltzentrale der EU, tummeln sich mindestens 15.000 Lobbyisten. In Washington sollen es noch weit mehr sein, in Berlin schätzt man die Zahl auf mindestens 5000.

 

Was machen Lobbyisten?
Die Aufgabe der Lobbyisten ist eindeutig. Sie sollen im Sinne ihres Auftraggebers auf politische Entscheidungsträger einwirken, um ungünstige Gesetzesänderungen zu verhindern. Die Akteure selbst sehen in ihrem Ansinnen natürlich nichts Verwerfliches. Sie verstehen sich als edle Aufklärer, weil Abgeordnete heute bei Entscheidungen angeblich oft überfordert sind und nicht über die nötige Sachkenntnis verfügen.

 

Aber gibt es tatsächlich einen Informationsbedarf?
Unsere Volksvertreter sind dem Wohl des Staates verpflichtet und nicht dem einzelner Konzerne, Industrie-, Sozial- oder sonstiger Interessenverbänden.
Die Einflussnahme der hochdotierten Lobbyisten kann meines Erachtens kaum zur neutralen Beurteilung einer Sachlage beitragen. Denn was für einzelne Firmen bei ihrem ewigen Kampf um höhere Renditen und Marktanteile von Bedeutung sein mag, hat mit dem volkswirtschaftlichen Allgemeinwohl wenig zu schaffen.
Ein einfaches Beispiel: Der Verband der Floristen kämpft, wer will es ihm verdenken, um den Erhalt des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes von 7 % (statt 19 %). Doch dieses Privileg (diese Subvention) ist volkswirtschaftlich betrachtet ein klarer Verstoß gegen das Prinzip der Gleichbehandlung. Warum muss der Verkauf von Blumen steuerlich gefördert (begünstigt) werden. Die Sonderregelung ergibt keinen Sinn, weil sie weder sozial noch wirtschaftlich erforderlich ist.
Falls es tatsächlich durch eine Mehrwertsteueranhebung in dieser Branche zu leichten Umsatzeinbußen (und damit zum befürchteten Stellenabbau) kommen sollte, muss man halt damit leben (das müssen andere Branchen auch). Außerdem: Wer sich das Geld für den Blumenstrauß verkneift, gönnt sich dafür in der Regel etwas anderes (was gleichsam Arbeitsplätze sichert).
Dagegen lässt sich die Absenkung der Mehrwertsteuer im Hotelgewerbe (von 19 auf 7 %) durchaus logisch begründen. Denn unsere Hoteliers stehen im knallharten internationalen Wettbewerb. Eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf ausländisches Niveau fördert die Attraktivität Deutschlands als Urlaubsziel. Hier geht es also wirklich um den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Aber all das sind Überlegungen, die auch ein Bundestagsabgeordneter ganz allein ohne fremde Nachhilfe anstellen kann. Er braucht dafür keine Lehrmeister, Souffleure oder Denkfabriken.
Und wenn ein Politiker tatsächlich einmal etwas partout nicht weiß, so kann er schließlich auch selbst recherchieren (zum Beispiel im Internet). Oder er kann in speziellen Fällen, wenn er einmal wirklich nicht weiterkommt, von betroffenen Firmen oder Verbänden ein kurzes schriftliches Statement erbitten. Natürlich steht es ihm auch offen, Firmen selbst aufzusuchen, um sich vor Ort ein konkretes Bild zu machen.

 

Wo Lobbyisten sich einnisten, ist die Korruption nicht weit!
Für mich ist die Sache klar: Überall dort, wo sich Lobbyisten tummeln und einmischen, stinkt es gewaltig nach Manipulation und Korruption. Den Lobbyismus betrachte ich als Krebsgeschwür der modernen Demokratie.

Ich plädiere deshalb für ein völliges Verbot des Lobbyismus!
Ein Abgeordneter braucht keinen direkten Kontakt mit bezahlten Lobbyisten, wenn er über einen eigenen wachen Verstand verfügt (wovon man doch ausgehen muss). Der integere Politiker sollte schon aus eigenem Interesse ein Zusammentreffen mit Lobbyisten meiden, um überhaupt nicht erst in den Verdacht unerlaubter Beeinflussung oder Vorteilsnahme zu geraten.
Vollkommen abartig empfinde ich die gängige Praxis, sich mit Lobbyisten in privater Atmosphäre (zum Beispiel in noblen Restaurants) außerhalb des eigenen Büros zu treffen.

 

Lobbyismus - darunter verstehe ich aufdringliche einseitige Einflussnahme, unerbetene Ratschläge, Einschüchterungen, Panikmache, Klientelpolitik, Kungelei, möglicherweise gar Bestechung (Parteispenden) usw.

 

Verbotene Preisabsprachen
Selbstverständlich verfügt Deutschland über ein Kartellrecht, wonach Preisabsprachen bei Firmen grundsätzlich verboten sind. Warum, so fragt man sich, müssen dann aber Geheimniskrämereien mit Politikern erlaubt sein und als Informationsdienst verklärt werden? Warum dürfen sich Interessengruppen in Verbänden und "Denkfabriken" organisieren, um dann gemeinsam auf die EU und den Bundestag einzuwirken. Warum dürfen angeheuerte Lobbyisten ungefragt und ungebeten Abgeordnete immer wieder aufsuchen, die doch der Neutralität und dem Gemeinwohl verpflichtet sind?

Wenn führende Global Player sich zusammenschließen, um gemeinsam Leiharbeit, 450-Euro-Sonderregelungen, Freihandelsabkommen, niedrige Steuern, Zollabbau, Deregulierungen usw. durchzuboxen, so sollte vielleicht auch hier schon das Kartellrecht greifen. Warum sind nur Preisabsprachen verboten, warum nicht auch alle anderen Abartigkeiten von Kungeleien, die das marktwirtschaftliche System untergraben?

 

Auch ohne Lobbyisten haben Interessengruppen großen Einfluss!
Konzerne, Industrie- und Sozialverbände verfügen bereits ohne ihre auf Politiker angesetzten Lobbyisten über ein breites Spektrum der Einflussnahme. Über ihre Sprecher, über Aufklärungs- und Propagandakampagnen und geschickter Instrumentalisierung der Medien verschaffen sie sich bundesweit Gehör und dirigieren die öffentliche Meinung. Wegen mangelnder Objektivität kommt es dabei häufig zu Zerrbildern, Vorurteilen, Panikmache usw.

Auf der Basis der kollektiven subjektiven Fehlinformation kam es zum Beispiel zur Einführung des Euro, dem Ausbau der EU, der Agenda 2010 mit immer neuen Abartigkeiten der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft (Leiharbeit, befristete Arbeitsverhältnisse, Lohndumping, unterbezahlte Minijobs, verbotene Akkordarbeit, Scheinselbständigkeit usw.). Auf der anderen Seite meldeten aber auch Sozialverbände immer neue Forderungen an und schürten das grenzenlose Anspruchsdenken.

 

Ständige Ausnahmeregeln als Folge...
Die freundliche Klientelpolitik führte zu einem undurchdringlichen Dschungel von rechtlichen Ausnahmeregelungen. Allein schon die EU hat ihre Mitgliedsstaaten mit über 80.000 Gesetzesseiten beglückt (zugemüllt). Und die nationalen Parlamente sind gleichfalls ständig bemüht, neue Gesetze zu erfinden oder neue Ausnahmeregelungen auszutüfteln, die nervende Lobbygruppen befrieden. Der ewige Ausbau und ständige Flickschustereien haben das staatliche Vorschriftenwerk zu einem gordischen Knoten verkommen lassen, dem selbst Juristen nicht mehr gewachsen sind.

Sogar der Bundestag verabschiedet Gesetze, die später vom Bundesverfassungsgericht wieder einkassiert werden müssen. Auch Großbanken mit großen Juristenabteilungen schaffen es oft nicht, bei Hypotheken die Rücktrittsklauseln so zu formulieren, dass die Verträge wasserdicht sind und nicht später einmal vom Kunden (in einer Niedrigzinsphase) einseitig gekündigt werden können. Und im Sozialbereich gibt es derweil über 160 Fördermaßnahmen, die längst auch Spezialisten überfordern.

 

Welchen immensen Einfluss Interessenverbände auf die Politik haben, veranschaulicht die amerikanische Waffenlobby.

 

Die ewige Drohung mit der Auslagerung…
EU-Kommissare und Bundestagsabgeordnete werden von Lobbyisten nicht nur bedrängt, sie werden so manches Mal auch unverhohlen erpresst. Zum Beispiel mit der Drohung, dass, falls man ihren Forderungen nicht nachkommen werde, Produktionsstätten ins Ausland verlagert werden müssten ("notgedrungen" natürlich).
Doch warum lässt man sich immer noch auf diese plumpe Art einschüchtern? Es gibt doch ein effizientes Mittel, um die Macht der Konzerne (des Kapitals) zu brechen! Man bräuchte nur wieder angemessene Importzölle erheben - damit wäre die Diktatur des Kapitals schnell beendet. Wer dann noch meint, er könne seine Fabriken bei uns demontieren, der muss halt damit rechnen, seine Waren (wegen des Zollaufschlags) hierzulande nicht mehr loszuwerden.

 

Genügt mehr Transparenz?
Manche Lobbyismus-Kritiker fordern mehr Transparenz. Alle Lobbyisten müssten registriert werden und auch Abgeordnete sollten ihre Gesprächspartner anmelden. Sicherlich würden derlei Maßnahmen den Lobbyismus ein wenig bereinigen und den Wildwuchs etwas eindämmen. Aber mir genügen diese Maßnahmen absolut nicht! Das Krebsgeschwür würde damit nicht entfernt, sondern sogar noch ein wenig legalisiert und salonfähig gemacht.

 

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© Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher). Erstveröffentlichung Februar 2013


 

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