Der aussichtslose Kampf um reale Lohnerhöhungen
Das jährliche
Ritual um neue Lohntarife kann mich schon lange nicht mehr
beeindrucken. Seitdem sich Deutschland der Globalisierung
verschrieben hat, ist das Gefeilsche um mehr Geld längst zur
albernen Pflichtübung verkommen.
Denn auch die
Gewerkschaften haben mittlerweile erkannt, dass die Industrie in
einem absurden globalen Kostenwettbewerb steckt, der zu hohe
Lohnabschlüsse mit Produktionsauslagerungen
straft. Angesichts
dieser dauerhaften Zwangslage ist es kein Wunder, dass die
inflationsbereinigten Nettolöhne in den letzten 40 Jahren (bei
gleicher Qualifikation) im Schnitt um ca. 15 % gesunken sind. Nur
durch den ständigen Lohnverzicht konnte die deutsche Industrie
vorm völligen Aussterben bewahrt werden.
Was mich bei diesem Niedergang besonders nervt ist die
Unverfrorenheit, mit der die jährlichen Misserfolge
schöngeredet werden. Wie kann man überhaupt von
Lohn"erhöhungen" sprechen, wenn nicht einmal die
Geldentwertung ausgeglichen wird?
Missbrauch
der Sprache: "Wieso
redet man von Lohnerhöhungen, wenn doch nicht einmal
die Inflation ausgeglichen wird?"
Haben
die Gewerkschaften es immer noch nicht kapiert?
Haben die
Gewerkschaften immer noch nicht verstanden, dass der Abbau der
Zölle (sowohl innerhalb als auch außerhalb Europas)
unweigerlich einen Lohndumpingwettbewerb verursacht? Der deutsche
Arbeiter im direkten Kostenvergleich mit Polen, Rumänen oder gar
Indern - ist es das, was sie wollen?
Oder glauben
die Gewerkschaftsbonzen immer noch an die vielbeschworene
"internationale Arbeitsteilung"? Deutschland produziert also
Luxusautos und Maschinen und importiert als Ausgleich nahezu alle
anderen Gebrauchsgüter - vom T-Shirt bis zum Computer. Ist
das die Ideallösung, die vielbesungene win-win-Konstellation?
Daraus ergeben
sich zwei Grundsatzfragen:
1.
Wie lange kann Deutschland seinen letzten Vorsprung wahren?
Wie naiv
muss man sein um anzunehmen, Deutschland könne seine
Vormachtstellung in seinen zwei oder drei noch verbliebenen
Paradedisziplinen ewig halten. Chinesische Konzerne sind gerade
dabei, deutsche Weltmarktführer der Auto-Zulieferindustrie
aufzukaufen. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, wann auch die
letzte deutsche Bastion an seinen im Vergleich zu den
Billiglohnländern viel zu hohen Produktionskosten
scheitert.
2.
Will man aus den letzten 40 Jahren keine Lehren ziehen?
Wie
ignorant und unbelehrbar muss man sein, um nicht zu erkennen, dass
der globale Dumpingwettbewerb für mindestens 90 Prozent der
deutschen Bevölkerung gravierende
Nachteile
mit sich bringt? Ist es denn so schwer zu begreifen, dass nur ein
intakter Binnenmarkt (mit gleichen Löhnen und Steuern) den
produktiven Fortschritt an die Werktätigen weitergeben kann?
In einem intakten Binnenmarkt wären jährliche
Lohnanpassungen nach der Formel "Produktivitätswachstum
plus Inflationsrate" der Normalfall, deren Stimmigkeit
Deutschland auch bis in die 1970er Jahre hinein bewiesen hat. Erst
das globale Lohndumping lehrte die Gewerkschafter Bescheidenheit -
sie streiten jetzt nicht mehr um eine Teilhabe am produktiven
Fortschritt, sondern nur noch um einen Ausgleich für die
schleichende Geldentwertung.
Volksverdummung: "Wieso
redet man von Lohnerhöhungen, wenn es nicht einmal eine
generelle Tariflohnpflicht gibt?"
Sind
Lohnkämpfe nur noch absurdes Theater?
Muss das
Volk tatsächlich ständig verdummt werden? Was sollen
Warnstreiks und Aufmärsche um höhere Löhne, wenn man
doch genau weiß, dass der globale Dumpingwettbewerb reale
Lohnzuwächse nicht mehr zulässt?
Die
Konfrontation der Gewerkschaften geht an die völlig falsche
Adresse: Nicht die Unternehmen sind die Bösen - der
globale Dumpingwettbewerb ist das eigentliche
Übel. Wären
die Gewerkschafter wirklich um das Wohl ihrer Klientel besorgt,
würden sie sich an die Politik wenden und endlich eine
schrittweise Abkehr vom globalen Lohn- und Steuerdumping verlangen.
Um den Staat aus seiner Zwangsjacke zu befreien, um die idiotische
Exportabhängigkeit zurückzuführen, um endlich wieder
eine überschaubare Gerechtigkeit und Fairness in die
Volkswirtschaft zu tragen und den Finanzmarkt kontrollierbar zu
gestalten. Auch die Gewerkschafter müssen doch merken, dass
es eine globale Marktwirtschaft bei völlig unterschiedlichen
Löhnen und Steuern nicht gibt und nicht geben
kann.
Wie
lässt sich der globale Dumpingwettbewerb abschalten?
Es gibt
mehrere Möglichkeiten, sich vom globalen Dumpingwettbewerb zu
verabschieden und wieder vermehrt einem intakten Binnenmarkt (also
der Marktwirtschaft) zu vertrauen. Drei Alternativen (die sich auch
miteinander kombinieren lassen), möchte ich hier
ansprechen:
1. Allmähliche Anhebung der Zölle!
Der klassische Weg, der heute scheinheilig als "Protektionsmus" verdammt wird. Scheinheilig deshalb, weil bei den vielen anderen wirklich obszönen Perversionen des Protektionsmus demonstrativ weggeschaut wird (Währungs-, Sozial-, Steuer-, Subventions-, Ökodumping usw.). Wir leben in einer Welt der Schummelei, Trickserei und des Betruges - und ausgerechnet der aufrichtige und ehrliche Zoll wird geächtet.
2.
Schrittweise Anhebung der Mehrwertsteuer!
Seit drei
Jahrzehnten kämpfe ich für eine deutliche Anhebung der
Mehrwertsteuer bei gleichzeitigem Abbau der Lohnnebenkosten
(Sozialversicherungsbeiträge). Die Mehrwertsteuer wirkt
ähnlich wie ein Zoll (verteuert Billigimporte und senkt die
Produktionskosten im Inland). Darüberhinaus bekämpft
sie aber auch erfolgreich das
Ungleichgewicht zwischen Arbeit und Kapital!
Arbeitsplatzvernichtende Investitionen werden heute stark
bezuschusst, der Faktor Arbeit aber durch die menschenfeindliche
Abgabenpolitik bestraft (um dann womöglich über Hartz-IV
und andere Sozialgesetze wieder subventioniert zu werden).
3.
Verbot vom importierten Lohndumping!
Viele
Entscheidungsträger haben offenbar einen Spass daran, unsere
Gebrauchsgüter unter Sklavereibedingungen im Ausland fertigen zu
lassen. In Bangladesch zum Beispiel müssen die
Näherinnen für 20 Cent die Stunde unsere Edelklamotten
nähen. Finden unsere Machthaber derlei Ausbeutung lustig?
Oder verdrängen sie einfach die Problematik und denken sich
gar nichts weiter dabei?
Es
wäre doch ein Leichtes, offensichtliches Lohndumping zu
unterbinden! Der Staat bräuchte lediglich den Import von
Waren verbieten, wo keine angemessene Entlohnung bei der Herstellung
des Produktes nachgewiesen werden kann. Als importierter Mindestlohn
könnten anfangs drei Euro festgesetzt werden. Deutsche
Kontrolleure (und die Medien und die gesamte Konkurrenz) könnten
die Einhaltung der Bedingungen überwachen. Dies würde
endlich mehr Gerechtigkeit in den globalen Wettbewerb bringen und den
Aufstieg der Armutsländer beschleunigen. Es wäre
vermutlich die wirkungsvollste Entwicklungshilfe, die man sich
derzeit überhaupt vorstellen kann.
Politiker, Gewerkschafter, Journalisten - worauf wartet ihr noch? Handelt endlich! Löst euch aus eurer Erstarrung und von euren geheiligten Vorurteilen! Oder wagt ihr ein Umdenken erst, wenn ihr vom Herrgott eine persönliche schriftliche Aufforderung erhaltet?
Schuldzuweisungen
an Deutschland!
Die
EU spaltet Europa. Viele Europäer (vor allem Griechen,
Spanier, Portugiesen) führen den Verlust ihrer
industriellen Basis auf die Dominanz Deutschlands und der
deutschen Lohnzurückhaltung zurück. Die SPD
fordert deshalb deutliche Lohnerhöhungen. Doch
würde das helfen? Wegen des globalen Dumpingwettbewerbs
gingen dann auch in Deutschland weitere Millionen
Arbeitsplätze verloren.
Wäre
das für die in Not geratenen EU-Staaten besser?
Könnte Deutschland dann noch seine hohen
Transferleistungen leisten, jährlich eine Million
Zuwanderer aufnehmen und das Stützkorsett für
den Euro bilden? Die EU-Wackelstaaten scheitern
schließlich nicht an Deutschland, sondern an der
Billigkonkurrenz in Osteuropa und Asien - also an ihren viel
zu niedrigen Einfuhrzöllen (Protektionismus).
Lesenswert!
Hintergrund
& Analyse
(alles
überparteilich, ohne Staatspropaganda, werbe- und
gebührenfrei)
Globalisierung,
Nullzinspolitik: Wie aufrichtig ist der
Spiegel?
Armutsforschung:
Welchen Staaten mit hohen Geburtenraten geht es wirklich
gut?
Die
fiesen Tricks der Antidemokraten!
Grundsätzliches:
Die
Ursachen der Globalisierung
Globalisierung:
Was lehrt uns die Corona-Krise?
Weiterführende
Abhandlungen dazu finden Sie in meinen Büchern.
Startseite
www.globalisierung.com.de
Impressum
© Manfred Julius Müller (unabhängiger, parteiloser
Wirtschaftsanalyst und Zukunftsforscher).
Flensburg,
2012
Manfred
J. Müller analysiert seit 40 Jahren weltwirtschaftliche
Abläufe. Er gilt als wegweisender Vordenker. So forderte er zum
Beispiel schon vor 20 Jahren eine Art Lieferkettengesetz, das
Hersteller und Händler verpflichtet, nur fair entlohnte und
produzierte Waren nach Deutschland einzuführen (wurde endlich im
Mai 2021 Gesetz). Außerdem empfahl er schon ewig eine
Mindestgewinnsteuer für Großunternehmen auf im
Inland angefallene Umsätze (Joe Bidens Vorschlag von einer
globalen Mindestertragssteuer im Frühjahr 2021 zielt zwar
endlich in die gleiche Richtung, ist aber viel zu lahm und wird sich
international kaum umsetzen lassen). Seit drei Jahrzehnten
kämpft Manfred J. Müller auch für seine Idee einer
Lohnkostenreform (schrittweiser Abbau der
Sozialversicherungsbeiträge bei einer Gegenfinanzierung
über Mehrwertsteuern und
Zölle). Die
Auswahl und Gewichtung der Nachrichten ist entscheidend
für die Meinungsbildung! Und die
öffentliche Meinungsbildung bestimmt wiederum den
Wahlausgang und damit die Zukunft Deutschlands. Der
kritische Blick hinter die Kulissen politischer
Machenschaften:
Es kommt also ganz darauf an, was die Presse und
Fernsehsender in den Vordergrund rücken. Es werden
vornehmlich solche Politiker und Experten gezeigt, zitiert
und interviewt, die die EU, den Euro, die
Nullzins-Schuldenpolitik, die Exportabhängigkeit und
die Umwandlung zum "deutschen" Multikultistaat
schönreden. Gleichzeitig wird versucht, die Gegner der
naiven "Heile-Welt-Theorie" als Dumpfbacken zu
stigmatisieren und als "Störenfriede", Nationalisten,
Rassisten, Demokratiefeinde usw. darzustellen. Ein über
Politik & Medien umerzogenes Volk ist kein wirklich
freies, selbstbestimmendes Volk mehr.
Die
gefürchteten Bücher von Manfred Julius Müller